January 2009


So, erst einmal muss ich mich bei den chinesischen Zensoren entschuldigen. Als ich nach 15 Minuten von meiner Suche in der Tiefgarage zurück kam, hat sich die Wikipedia Seite geöffnet. Wehr mehr wissen will: http://en.wikipedia.org/wiki/Beijing_Bicycle

Zurück zur Tiefgarage: Auch wenn ich nur die Ecken abgesucht habe, mein Fahrrad scheint da leider doch nicht zu sein. Dennoch ein interessanter Rundgang, weil

1.) die Nobelkarossen dort unten machen jede Münchner Fönfrisur neidisch – von Jaguar über Porsche Cayenne bis zur mir unbekannten Luxusautos tummeln sich da

2.) die Tiefgarage ist sicher so groß wie unsere Anlage, ca. 100 Meter lang und 60 breit…da kann ne Menge parken

3.) 2 Stockwerke, das untere kaum belegt

4.) interessanterweise wurde gerade die 2te Etage, in der kaum Autos sind, bewacht. Ein ca. 17 jähriger Chinese in Leuchtjacke saß in einem Eck und beäugte mich misstrauisch…denn wer sonst guckt in alle Ecken und Ausgänge, sicher keiner, der dort sein Auto parkt

5.) ein Gedanke kam mir: Warum tut mir der Verlust meines 30 Euro Fahrrads eigentlich mehr weh, als die ganzen Scheiß Aktien, die seit July über 50% verloren haben?

Der Mensch ist ein komisches Tier…gute Nacht!

Leo.

Ich wollte euch eigentlich vom Schwein auf dem Dreirad berichten, welches mir begegnet ist. Aber die Ereignisse von heute, dem 4. Januar, zwischen 19.30 und 22 Uhr chinesischer Zeit, verdienen eine vorrangige Würdigung. 

Und zwar bin ich um 19.30 mit dem Rad todmüde nach Hause gekommen. Die beiden vorherigen Nächte konnte ich kaum schlafen. So stellte ich mein Rad, wie immer, im 20ten Stock unabgeschlossen vor meiner Wohnungstür ab. Da ich bei einem T-Shirt Kauf neulich einen Aufkleber mit der chinesischen Glückszahl “8” bekommen hatte, beschloss ich spontan (so gegen 21 Uhr), mein Rad durch Beklebung zu verschönern. Als ich die Tür aufmachte, staunte ich nicht schlecht – das Fahrrad war weg.

Ich schaute ins Treppenhaus…nix. Runter in den Keller – vielleicht hatte ein ordnungsliebender Hausmeister es weggestellt…aber auch nix. Also runter zum Eingang und mit dem Wächter gesprochen. Der funkte daraufhin fleißig herum, und nach ca. einer halben Stunde, in der ich Etage 19 bis 2 absuchte (was mir da widerfahren ist, ist wirklich einen weiteren Blog wert), wurde ich ins Untergeschoss gebeten. Dort führte man mich in die Kommandozentrale. Diese sah aus wie aus einem amerikanischen Polizeifilm, nur dass die Riesenleinwand fehlte.

Ca. 16 Monitore, teilweise gesplittet in bis zu 16 verschiedene Bilder, nehmen das Geschehen auf. Das Kamerabild mit der höchsten Kameranummer ist 64, d.h. mindestens so viele Kameras nehmen das Leben in unserer Anlage auf. Jeder Lift hat eine Kamera, dazu jeder Hausausgang, die beiden Tiefgaragenausfahrten sowie die 4 Fußausgänge im Westen, Osten, Süden und Norden. Es dauerte auch nicht lange, da wurde der Dieb, bzw. vielmehr die Diebin, erwischt. Leider nur auf Band. Man sah, wie sie in Stockwerk 10 einstieg und zielgerichtet die 20 und 21 drückte. In der 20, meinem Stockwerk, angekommen, blickte sie kurz schüchtern in den Gang und ging dann aus dem Aufzug. Der Aufzug fuhr, wie von ihr bestellt, in Nr. 21. In der Zwischenzeit hatte sie schon in der 20igsten gedrückt, so dass er gleich wieder herunterkam. Sie stieg auch sofort ein. Da mein Rad nicht abgeschlossen war, dauerte es nur ca. eine Minute (zwischen 20.53 Uhr und 54 Sekunden und 20.55 Uhr). Von dort fuhr sie, natürlich musste sie noch mal vorher im Spiegel des Aufzugs ihre Haare machen, in das Erdgeschoß. Dort überlegte sie es sich noch mal anders und fuhr ins Untergeschoss. Vor dort verliert sich etwas ihre Spur, da in der Tiefgarage weniger Kameras aufgestellt sind. Allerdings war auf keinem der Ausgänge eine Radfahrerin zu erkennen. Dies ließ den Sicherheitschef vermuten, dass das Fahrrad irgendwo in der Tiefgarage oder in einem Fahrradkeller abgestellt wurde. 

Mit 3 Mann vom Sicherheitsdienst machten wir uns auf die Suche…aber nix zu finden. Es hat zwar nur 30 Euro gekostet, aber es ist mir schon sehr ans Herz gewachsen. Und dem Sicherheitspersonal schien es ein echtes Anliegen zu sein, das Ding zu finden. Entweder passiert sonst nix und ihnen ist langweilig, oder das Management hat dazu aufgefordert, dass selbst kleinere Vergehen verfolgt werden müssen. Ich selbst war vor allem aufgewühlt von der Dichte der Kameras. Ich will dort morgen noch mal unter einem Vorwand hin und schauen, wo die noch mal genau installiert sind. Weiterhin bleibt für den Fall noch folgendes zu sagen: 

– die Dame stieg in Stockwerk 10 ein und fuhr in Stockwerk 20 -> sie wusste genau, dass dort ein nicht abgeschlossenes Fahrrad stand

– die Dame hatte keine Ahnung, dass in den Fahrstühlen Kameras versteckt sind

– nachdem ich diesen Artikel geschrieben habe, vermute ich das Fahrrad irgendwo in der Tiefgarage- ich werde gleich noch mal losgehen

– den Film “Beijing Bicycle” vom Regisseur Wang Xiaoshuai wollte ich schon lange mal sehen. Er muss gut sein, schließlich hat er den silbernen Bären bekommen, und Wikipedia wird geblockt, wenn ich den Suchbegriff eingebe. 

So, nun gehe ich suchen. Und wie gesagt, zur Suche nach dem Rad in Stockwerk 19 bis 2 erzähle ich morgen noch was. 

Leo.

oder „Na, wie schmecken Hunde?“ sind die meisten Begrüßungen, die ich erfahre. Kollegen wollen wissen, wie gefährlich es dort auf den Straßen ist, und ob ich westliche Produkte dort kaufen kann. 

Ein Kollege, der bald für ein paar Wochen geschäftlich nach China muss, bereitet sich schon ernsthaft im Umgang mit spukenden Chinesen vor, um keine Schwäche und Nachgiebigkeit zu zeigen…denn sonst, so hätte er gehört, würde er im Ansehen so tief sinken, dass er keine Geschäfte mehr machen kann. 

Leider ist teilweise die Einstellung den Chinesen gegenüber so negativ (die stinken, kopieren, sind faul, besetzen Tibet, unterdrücken und planen den 3ten Weltkrieg), dass keine Diskussion möglich ist. Meist ist es allerdings nur Unwissenheit, und das ist kein Vorwurf – allerdings will ich mir gar nicht vorstellen, wie viele Missverständnisse wohl vermeidbar wären. 

Leo. 

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