August 2008


Seit neustem tragen sie nun ein gelbes Hemd, gepaart mit einer schwarzen Hose und natürlich den obligatorischen schwarzen Lederschuh mit Schnalle. Pekings Taxifahrer sind im Einheitsdress nun klar zu erkennen, und es kann nicht mehr passieren, dass man von jemand, der ein Taxi anbietet, dann doch in ein schwarzes Taxi ohne Lizenz gelockt wird. Trotz der Kleidung bin ich aber gespannt, wie sie sich mit den Touristen schlagen werden.

In den letzten 7 Monaten habe ich erst einen Taxifahrer kennen gelernt, welcher einigermaßen Englisch sprach. Von all den Sprachkursen, die diese Fahrzeuglenker angeblich besucht haben sollen, ist nur wenig zu spüren. Hoffentlich haben sie wenigstens immer ihr kleines Buch dabei, in dem Sportstätten, einfache englische Sätze sowie Verhaltensregeln dargestellt sind.

Besonders witzig sind die darin enthaltenen Comics, die regelkonformes Verhalten eines Taxifahrers zeigen. Dazu gehört es, nicht zu spucken, dem Gast die Tür aufzuhalten, ihn vom Rauchen im Taxi abzuhalten (was nicht zwingend heißt, dass der Taxifahrer nicht selber in den Pausen im Auto raucht), bei Unfällen anzuhalten sowie Radfahrern und Fußgängern gegenüber respektvoll gegenüber zu treten. Auch soll der Taxifahrer ausgeschlafen, sauber gekleidet, nicht betrunken und freundlich sein. Eigentlich erschreckend, so was als Verhaltensregel anmahnen zu müssen. Nachdem bei unserem ersten Chinabesuch vor einiger Zeit der Taxifahrer jedoch an jeder Ampel mit dem Kopf nach links wankte und in den Sekundenschlaf verfiel, bin ich über diese Verhaltensregeln doch froh. Ob diese eingehalten werden steht jedoch auf einem anderen Stern.

Übrigens habe ich schon ein paar Mal versucht, dieses Buch käuflich im Taxi zu erwerben. Bis zu 50 Yuan habe ich geboten, allerdings haben sich die Taxifahrer bisher immer geweigert, mir das Ding zu geben. Mal sehen, vielleicht bekomme ich nach Olympia ja eines. Die Bilder darin sind einfach zu gut.

Liebe Grüße Leo

Am Freitag war es nun soweit, die Olympischen Spiele haben begonnen. Da wir leider keine Karten für die Eröffnungsveranstaltung hatten, haben wir mit einigen Freunden und vielen anderen Leuten verschiedener Nationen in einer Bar die olympische Eröffnungsfeier angeschaut. Die vielen mitwirkenden Menschen waren schon der Wahnsinn, insbesondere beim spektakulären Anfang mit den 2008 Trommlern, die den Countdown dargestellt haben. Für mich aber war der letzte Fackellauf in der Luft, kurz bevor das Olympische Feuer ganz entzündet wurde, das Beste. Eine Superidee, wie ich finde, den Läufer von den Olympiabildern vergangener Zeiten einholen zu lassen.

Auch wenn die Eröffnungsveranstaltung sehr traditionell dargestellt und folglich für uns Nichtchinesen nicht ganz verständlich war (ich meine die geschichtlichen Hintergründe hinter jeden einzelnen Motiv), können die Chinesen zu Recht stolz auf ihre Eröffnungsveranstaltung sein. Diesen unglaublichen Nationalstolz bekam man spätestens beim Einmarsch der chinesischen Olympiamannschaft ins Stadium zu spüren. Für die Chinesen in der Bar gab es nun kein halten mehr. Sie sprangen auf und begleiteten ihre Mannschaft unter lauten Zurufen „Zh?ngguó Ji?yóu“ (was soviel heißt wie: „China, gib Gas!“), euphorischen Klatschen und Jubel minutenlang durch das Olympiastadium. Als dann noch ein Kellner ein Mikrofon gefunden hatte und dort lauthals mitschrie, wurde mein Trommelfell schon stark beansprucht.

Ich bin wirklich froh, dass die Feier nahezu reibungslos und perfekt abgelaufen ist. Das war für die Chinesen wirklich wichtig, um ihr Gesicht vor der Weltöffentlichkeit zu bewahren. Ich meine bei der schlechten Kritik (zu Recht oder zu Unrecht, das sei jetzt erstmal dahingestellt), die die Chinesen im Vorfeld einstecken mussten, möchte ich mir gar nicht vorstellen, was passiert wäre, wenn die Eröffnungsveranstaltung kein Erfolg geworden wäre.

Puuhhh…gerade für die vielen „kleinen“ Leute ist es sehr wichtig, ihr Land und ihre Sportler der Welt zu präsentieren. Dabei sind sie so stolz, diese Olympiade auszurichten, selbst wenn sie selber keine Tickets haben und somit nur vor dem Fernseher mitfiebern können. Dass das Bild Chinas im Ausland teilweise so negativ ist, verstehen sie oft gar nicht, da sie von den schlechten Nachrichten überhaupt nichts mitbekommen.

Beginnen wir heute mal mit dem alltäglichen Wahnsinn, 2 Tage vor Olympia, irgendwo in Beijing. Vor dem Haus der Firma, für die ich arbeite, gibt es einen grossen Parkplatz. Dieser ist umgeben von einer hohen Hecke. Eintritt zu diesem Platz hat man entweder über die offizielle Einfahrt neben dem Haupteingang zum Gebäude, oder durch ein kleines, vergittertes Gartentor. Das Gartentor, welches nur Radlern und Fussgängern Durchgang erlaubt, führt direkt auf den Haupteingang zu. Dieses wurde nun neulich, nach einer Vorankündigung des Hausmanagement, für die Zeit der olympischen Spiele bis zum 30.09.2008 verschlossen. Begründung wie immer: Zur Gewährleistung der allgemeinen Sicherheit. Was damit genau gemeint ist, sagt einem keiner. Der einzige vorstellbare Grund ist jedoch, dass man nun durch die offizielle Einfahrt gehen muss, und so zwangsläufig von den Wächtern gesehen wird. Ob diesen jedoch dadurch Unbefugten den Zutritt verweigern, halte ich für fast unmöglich, denn unsere Wächter zeichnen sich durch eine beeindruckende Lethargie und Interessenlosigkeit aus. Aber gegebenenfalls sind ja noch Kameras aufgestellt. Die Krönung des Sicherheitswahns war aber heute die Tatsache, dass auch die Nebenausgänge des Gebäudes verschlossen wurden. Um es anders zu formulieren: Die Jungs haben die Notausgänge dicht gemacht. Da es sich um von innen nicht verschließbare Türen handelt, da es ja Notausgänge sind, hat das Management kurzerhand mit Fahrrad- und Vorhängeschlössern die Dinger verschlossen. Will heißen, im Notfall, sagen wir mal Brand, gibt es nur noch die elektronisch gesteuerte Glastür zum verlassen des Gebäudes. Da fällt mir nur noch der alte Spruch ein: Mitgedacht und Spass gehabt.

Aber es gibt auch noch gute Nachrichten. Gestern startete eine neue Phase des Ticketverkaufes. Während in den Vortagen schon Telefonnummern gehandelt wurden, auf denen Volleyballtickets für 150 US Dollar verkauft wurden (Eröffnungsfeier angeblich das 40 fache), gibt es nun wieder offiziell Karten zu kaufen, zu den regulären Preis ab 5 US-Dollar. Interessant ist jedoch, dass diese immer wieder an andere Nationen verkauft werden. Während am Tag 1 bei Cosport sich der Verkauf explizit an fast alle Nationen richtete (allerdings nicht an Chinesen), durften jetzt am Tag 2 nur noch Bulgaren, Österreicher, Australier, Kanadier, US-Amerikaner sowie Bewohner der Slowakei Karten erweben. Umgeht man diese Vorgaben jedoch, darf man bei der Bestellung von Karten auch andere Nationen angeben. Lediglich die Schweizer haben Pech, diese sind im Auswahlformular vergessen worden, oder jemand rächt sich für die Schwarzgeldkonten. Auf jeden Fall konnte der Schweizer Kollege nicht bestellen – und so sprang ich mit der Kreditkarte ein. Am Ende des Raubzuges hatte das gesamte Büro 5 Leichtathletikarten, 6 x Handball, 8 x Hockey, 2 x Schwimmen und 2 x Volleyball ergattert. Die Spiele können also beginnen.

Liebe Grüße Leo

Hallo ich bin Holly, ich lebe mit meinem Freund Leo schon seit über einem halben Jahr in Peking. In der nächsten Zeit werden wir Euch einiges über unser Leben hier in China, besonders während der Olympiade, und unsere bisher gemachten Erfahrungen in Peking erzählen.

Momentan stehen die Olympischen Spiele kurz vor der Tür. Peking erstrahlt für mich nun in einem ganz neuen Licht. Der Schutt der unzähligen Baustellen ist über Nacht verschwunden, stattdessen sind die U-Bahnstationen renoviert und auf Hochglanz geputzt, überall wo man hinschaut zieren Blumenornamente und Olympiafahnen die Straßen. Man kann sagen, Peking ertrinkt nahezu in einem Meer aus grünen Pflanzen, Blumen und Olympiafahnen. Das mit den versprochenen „Grünen Olympischen Spielen“ scheinen die Chinesen wirklich geschafft zu haben. Allerdings möchte ich allzu gern wissen, wieviel Liter Wasser Peking am Tag so zum Bewässern der Pflanzen braucht. Mir ist nämlich noch nicht aufgefallen, dass es hier besonders viel regnet.

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