China Politik


In Peking kenne ich eine Menge junger Leute, die bisher freiberuflich in China gearbeitet haben. Den meisten droht jetzt das aus, da ihre F-Visa, mit denen sie jahrelang in China geduldet worden waren, jetzt nicht mehr verlängert werden. Einige haben auch Glück, da sie jetzt endlich von Unternehmen zwangsläufig fest angestellt werden. Andere suchen jetzt nach Sommerjobs im Ausland und vermieten ihre Wohnung während Olympia in der Hoffnung, dass danach alles wieder normal wird.

Es wäre ja schon etwas verwunderlich gewesen, wenn nur Chinesen selbst von Olympia betroffen wären. Nach diversen Schätzungen wurden wegen den Olympischen Spielen über eine Millionen Menschen zwangsumgesiedelt. Jetzt trifft es halt auch ein paar Ausländer.

Der bekannte Menschenrechtsaktivist Hu Jia wurde zu 3 1/2 Jahren Haft verurteilt. Gerade rechtzeitig, damit genug Zeit für die Öffentlichkeit bleibt, dieses Beispiel der Verbesserung der Menschenrechtslage in China vor dem Beginn der Olympischen Spiele zu vergessen.

Sehr interessant ist der Blog von Hu Jias Frau, die auf http://zengjinyan.org/ von den Schikanen durch die chinesischen Sicherheitskräfte berichtet (in chinesischer Sprache).

Hu Jias Blog auf myspace ist unter http://hujiachina.spaces.live.com/ erreichbar

China hat wohl wegen der Ereignisse in Tibet Youtube wieder blockiert. Die Blockade von ausländischen Webseiten wird in China regelmäßig bei bestimmten Ereignissen verschärft, z.B. der Tagung des Nationalen Volkskongresses oder bei Parteitagen der Kommunistischen Partei Chinas.

Es kann sein dass die Blockade nur kurzfristig ist und Youtube wieder erreichbar ist wenn die Unruhen in Tibet in den nächsten Wochen wieder aus den Schlagzeilen verschwunden sind.

    In Tibet kam es in der letzten Woche zu Ausschreitungen gegen die chinesische Regierung. Von offizieller Seite hört man von ca. 10 Toten, meist unschuldigen Zivilisten. Die Polizei sei nur mit Tränengas gegen die Demonstranten vorgegangen. Touristen die sich derzeit in Tibet aufhalten berichten dagegen von Schießereien und einer Vielzahl von Toten:

    Kommentar zu den Aufständen in Tibet 

    Hier eine interessante Diskussion, was wohl aus Chinas wirtschaftlicher Entwicklung wird.

    Und hier ist Teil 2:

    Ich habe in einem Chat die Nachricht von der Nicht-Mehr-Zensur einer chinesischen Bekannten mitgeteilt, die einen blogspot-blog hat. Überraschenderweise war sie enttäuscht. Erstmal dachte sie, nur ihr Blog sei gesperrt worden – sie habe sich in den letzten Wochen sehr wichtig gefühlt. Die Nachricht, dass wirklich ALLE Blogs von Blogspot gesperrt waren, habe sie jetzt enttäuscht.

    Eine andere Bekannte teilte mir mit, die Regierung könne ihren Blog ruhig weitersperren. Dann könnten ihre Freunde ihn nicht mehr lesen, das Hauptziel des Blogs sei sowieso, englisch zu üben.

    Gut, von der Seite habe ich die ganze Sache wirklich noch nicht betrachtet.

    Blogs sind der chinesischen Regierung vor allem dann ein Dorn im Auge, wenn sie diese nicht kontrollieren kann. Viele junge Chinesen weichen wegen der Zensur von Blogs auf ausländische Anbieter aus. Diese Blogs können von der chinesischen Zensurbehörde zwar nicht gelöscht, aber zumindest in China gesperrt werden.

    Opfer dieser Zensur war häufig auch der Blog-Service von google, blogspot.com. Derzeit ist dieser Service zumindest von Peking aus wieder erreichbar.

    Dass der Parteitag eröffnet wurde sah man wirklich überall. Im Fernsehen wurde darüber berichtet, es gab irgendwie mehr Plakate an Wänden und sogar im Fernsehen in der U-Bahn konnte man irgendwelchen Diskussionsrunden und Berichten zuhören – wobei die Chinesen um den Fernseher herum in der Mehrzahl doch andächtig zuhörten.

    Ich hatte noch nicht viel Zeit die chinesische Presse zu sichten. Scheint ja, dass nochmal kräftig für Jiang Zemins theoretischen Beitrag für die Entwicklung der Partei (“Die drei Vertretungen“) Werbung gemacht wurde und auch Hu Jintao hat irgendeine Theorie in der Hinterhand, die ihm den Platz in den Geschichtsbüchern (und auch die Emanzipation von Jiang Zemin) sichern soll.

    Hier eine Übersicht über die Berichte in der Deutschen Presse.

    Spiegel: China entdeckt den Umweltschutz.

    Kurier: China will die Umwelt künftig schonen.

    Handelsblatt: China legt neuen Wirtschaftskurs fest.

    FAZ: Aufbau einer sozialistischen Demokratie.

    Stern: China will sozialer werden.

    Tagesanzeiger: Rote Fahnen, hohle Phrasen.

    TAZ (mit lustigem Bild): Zehn Generationen zum Sozialismus.

    DiePresse.com: Geheimnisvolle KP heizt die Gerüchte an.

    Netzzeitung: Chinas Präsident will seine Macht ausbauen.

    Hier ein interessanter Überblick über alle Parteitage der Kommunistischen Partei:

    http://www.kurier.at

    Normalerweise stehen für die chinesische Internetzensurbehörde vor allem chinesischsprachige Webseiten im Vordergrund. Es gibt ja viele westliche “Experten”, die glauben, das Internet sei der Grabstein des kommunistischen Systems. Dabei wird aber übersehen, dass viele Chinesen kein englisch sprechen und sowieso nur zum Spielen und Chatten ins Internet gehen. Nur eine Minderheit wird sich für ausländische Webseiten interessieren. Aus Prinzip gesperrt sind natürlich Webseiten von Falungong, einigen Menschenrechtsorganisationen und Webseiten, der tibetischen Exilregierung. Die Wikipedia ist gesperrt, wobei der Artikel über China in der Wikipedia nicht einmal über Proxy-Dienste komplett lesbar ist.

    Eher symbolisch ist wohl die Sperrung von ganz wenigen großen englischsprachigen Nachrichtenportalen, da die gleichen Nachrichten auch auf anderen Webseiten erreichbar ist.

    Im Prinzip kann man sagen, dass die Sperrung von nicht-chinesischsprachigen Webseiten nicht effektiv ist und auch nicht im Vordergrund steht – wichtig ist die Kontrolle von chinesischsprachigen Webseiten oder von ausländischen Organisationen, die regierungskritisch sind UND irgendwie mit China vernetzt sind.

    Das Internet als Instrument der Regierung

    Die chinesische Regierung ist nicht daran interessiert, die Entwicklung des Internets zu verhindern – das Internet wird gefördert, wo es nur geht.Es ist ein wichtiges Instrument, um Nachrichten der Regierung zu verbreiten – man kann wohl sagen, dass die chinesische Regierung es geschafft hat, auch online im chinesischsprachigen Internet ein Nachrichtenmonopol zu erhalten und Meinungsführer zu sein.

    Außerdem sollen über das Internet Gesetze und Verordnungen veröffentlich werden, mit dem Ziel, Korruption zu verringern. Auch einfache Leute in der Provinz sollen die Möglichkeit haben, sich über das Internet über ihre Rechte kundig zu machen.

    Eine Ausnahme bei der bisherigen Vernachlässigung ausländischer Webseiten scheinen aber ausländische Community-Webseiten zu sein. Chinesische Webseitenbetreiber müssen sich registrieren, auch chinesische Blogger sollen sich registrieren und nicht mehr anonym bloggen dürfen, auch wenn noch nicht ganz klar ist, wie das durchgesetzt werden soll. Ausländische englischsprachige Blog-Communities werden deshalb immer öfter gesperrt, um zu verhindern, dass Chinesen einfach auf ausländische Portale ausweichen. Mit einigen großen Anbietern von online communities hat die Chinesische Regierung wahrscheinlich Absprachen getroffen (blogger.com von google ist erreichbar, auch MSN-Spaces).

    Gesperrt sind in China z.B. die bekannte Blogsuchmaschine technocrati.com. Seit neuestem aber auch http://www.livejournal.com, eine der populärsten Blog-communities.

    Es wäre interessant zu erfahren, wieviele Chinesen livejournal verwendet haben. Insgesamt gibt es dort 1,8 Millionen blogs, unter den Top-Ten sind Chinesische Nutzer auf jeden Fall laut einer Hochrechnung auf Wikipedia nicht: http://en.wikipedia.org/wiki/LiveJournal.

    Eventuell ist die Blockierung von livejournal auch nur eine vorübergehende Aktion, da während wichtiger politischer Ereignisse in China oft die Zensur ausländischer Webseiten verschärft wird. Anlass für die Sperrung könnte die Sitzung des Nationalen Volkskongress sein.

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