Saturday, September 13th, 2008


Manchmal frage ich mich, ob es nur Ausreden der Kollegen sind, um mal eine Stunde frei zu haben, oder ob in China doch noch so wenig über Bankverbindungen oder Internet geht. Auf jeden Fall verschwinden die Kollegen öfters mal, um verschiedene Erledigungen zu machen. Dabei handelt es sich aber um Sachen, die man in Deutschland entweder über Überweisungen, Daueraufträge oder das Internet löst. In China muss man dafür aber wohl persönlich aktiv werden. Da trifft man sich mittwochs um 11 Uhr, um die Miete persönlich beim Vermieter vorbei zu bringen. Um 3 Uhr freitags muss man zum Bahnhof gehen, um Fahrkarten zu kaufen – Internetverkauf gibt es nicht, und die Bahnschalter machen wohl früh abends schon zu. Und so geht es weiter: Strom kauft man in der Bank – man gibt Geld und eine Plastikkarte, und der Banker lädt diese auf. Wenn sie leer ist, gibt es einfach keinen Strom mehr. Bis wieder aufgeladen wird. Das gleich gilt für Internet, Warmwasser, Busfahrten, usw.

Gerade auf den Bahnhöfen kommt es Tage vor dem Chinesischen Neujahrsfest wohl immer zu Tumulten, bei denen die Polizei eingreifen muss – zu groß ist die Angst, keine Fahrkarte zu bekommen. Laut einer Kollegin gab es dieses Jahr in Beijing wohl einen kleinen Aufstand, als Punkt 6 abends die Bahnbeamten die Verkaufsschalter schlossen, obwohl noch hunderte von Kunden seit Stunden sich angestellt hatten.

Leo.

Chinesen haben ja ein etwas anderes Empfinden für die Liebe, jedenfalls die meisten, mit denen ich bisher geredet habe. Romantik, Sehnsucht, Gemeinsamkeit haben wenigstens nach außen hin einen anderen Stellenwert. Heute kam es dann in einem Gespräch dazu, dass mich interessiert hat, ob der meistbekannte chinesische Basketballspieler Yao Ming eine Freundin hat. Und falls ja, ist sie klein oder groß?

Die Antwort war: Ja, er hat eine, und sie ist Basketballspielerin in China. Ob sie es ins Nationalteam geschafft hat, konnte man mir nicht sagen – aber darum geht es auch nicht. Es ist vielmehr so, dass Yao Ming in der NBA spielt und so geschätzte 15 Flugstunden von China entfernt ist. Seine Freundin lebt aber weiterhin hier in China. Als ich fragte, warum sie nicht in die USA zieht, teilten mir die verdutzen Kollegen mit, dass sie hier in China Basketball zu spielen hat. Meinem Einwand zu Folge, dass sie sich ja dann recht wenig sehen können, wurde recht pragmatisch beantwortet. Als Basketballer kann man maximal spielen, bis man bis 35 Jahre alt ist – und danach kann ja einer der beiden zum anderen ziehen. Und bis dahin reicht es ja auch, wenn sie sich alle 8 Wochen mal besuchen – schließlich haben sie eine hohe Lebenserwartung und somit noch 40 gemeinsame Jahre vor sich.

Ein romantischer Europäer bekommt hier sicher einen Bauchkrampf – obwohl, wenn man in Deutschland in einer beliebigen Eckkneipe mal fragen würde, ob die Herren gerne noch mehr Zeit mit ihrer Frau verbringen würden – wahrscheinlich wäre die Antwort: NEIN!

Liebe Grüße Leo.